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Linde (Tilia) — 椴树 duàn-shù Unter den Linden in Berlin, obwohl nicht so berühmt wie die Champs-Élysées in Paris oder der Central Park in New York, ist vielen Chinesen ein Begriff. Wer etwas gebildet ist, weiß auch von dem Lied "Der Lindenbaum", vertont von Franz Schubert. Fragt man weiter, was sie als Chinesen mit den 'Linden' verbinden würden, würde man sehr wahrscheinlich die Antwort bekommen: Unter einem solchen Baum ist Buddha einst zur Erleuchtung gekommen. Aber: War es nicht ein Bodhibaum (zu deutsch: Pappel-Feige), unter dem Buddha meditierte? Die Linden und die Bodhibäume gehören zu zwei verschiedenen Familien, nämlich der der Malvengewächse bzw. der der Maulbeergewächse. Die Übersetzung von "Unter den Linden" als "菩提树下大街" (zu deutsch: Unter den Bodhibäumen) und des Schubertschen Liedes als "菩提树" (zu deutsch: der Bodhibaum) sind so gesehen falsch. Warum aber haben sich in China gerade die falschen Übersetzungen dieser beiden Eigennamen durchgesetzt? Die Linde gilt in Deutschland als der Dorfbaum schlechthin. Der Bodhibaum, der wärmere Region vorzieht, ist kein Dorf-, sondern ein heiliger Baum in China. Da er nicht überall in den Tempeln wachsen wollte, haben die alten Mönche in China verschiedene Ersatzbäume für ihre Klöster gefunden. Einer war die Linde. Anders als der Bodhibaum kann die Linde in den meisten, auch kalten Regionen Chinas wachsen. Einige berühmten Linden werden einfach "Bodhibäume" genannt. In Japan heißt die Linde bis heute auch "Bodhibaum" (菩提樹) - Der Buddhismus kam über China nach Japan. Auch wenn der echte Bodhibaum nicht überall in China wächst, ist er für die Chinesen vertrauter und 'erfahrbarer' als die Linde, deren chinesischer Name 椴树 für sie ähnlich klingen mag wie "Pappel-Feige" für Deutsche. Man hat vielleicht aus diesem Grund 'Unter den Bodhibäumen' lieb gewonnen. Und was Schuberts Lied betrifft, ist ein Bodhibaum für die Chinesen sicher viel romantischer als eine "Pappel-Feige". (2009-1-18)
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